Gedichte
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Ronny Söhnel: dead poets society
eine jede seele wird in den reißenden klaren strom des lebens geworfen, einige gehen
darin unter, die masse treibt in sich stetig mehr trübendem wasser unaufhaltsam
dem ozean entgegen, wenige andere finden sich am ufer wieder und setzen dort
ihren eigenen weg abseits der strömung fort. sie verlaufen sich in den farben,
die ihnen die natur präsentiert - dem glutroten himmel beim wechsel von tag
und nacht, den ergrünenden wäldern des frühlings, dem strahlen des sommers,
der vielfalt des herbstlaubs und schließlich, nicht unwesentlich, der kälte
und dunkelheit des weißen winters, einer welt von widersprüchen, herausforderungen,
risiken, doch voller lebendigkeit. all diese facetten spiegeln sich im wesen
dieser individuen wieder, so sie mit offenen augen und herzen diese vorher
wenig betretenen wege beschreiten, selbst denkend und handelnd. was für die
romantiker die leidenschaftlichen worte, sind für die realisten die sachlichkeit,
fakten, und niemand soll behaupten, dass das eine ohne das andere bestehen
könnte. so sei der glücklich, dem der ergänzende part zur seite gestellt
und die findend, denen das bisher verwehrt.
lasst mich für heute mit diesen worten
aus "ulysses" (alfred lord tennyson) schließen:
" ...kommt, meine freunde,
noch ist es nicht zu spät, eine neue welt zu suchen,
denn ich will weiter segeln,
über den sonnenuntergang hinaus,
und obwohl wir nicht mehr die kraft besitzen,
die in alten tagen himmel und erde bewegte,
sind wir dennoch, was wir sind;
noch immer sind wir helden, deren herzen
im gleichklang schlagen,
zwar schwächt das schicksal uns von zeit zu zeit,
doch stark ist unser wille zu streben, zu suchen,
zu finden, und nicht zu verzagen."
so entflammt die hoffnung zu leben, zu lieben im antlitz der ewigkeit!
(01-I-2004)
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Ronny Söhnel: dead poets society (extension I)
...fernab von schutz und geborgenheit der strömung begab es sich nun, vielleicht auch
genau zum richtigen zeitpunkt, dass das individuum einer weisen stimme folgte,
ohne zu wissen, was es hinter dieser fremden pforte erwarten würde. welche
verluste sollte es schon erleiden auf einem weiteren ungewissen pfad, wenn
doch die ihm wertvollen dinge in seinem herzen fest verankert sind? genügen
schon momente, ein dialog fernab von vertrautem, um zu erkennen, dass man
doch nur ein ziel kennt: zu leben? frei von zwängen, die man nie kannte,
die dem flüchtigen folgen, ihn doch nie erreichen werden im irrgarten des
seins. wer will ihm folgen, wer ihn halten? ob er nun auf ewig entflieht
oder doch stets gewöhnlich präsent ist, der konflikt bleibt.
wem siehst du diesmal in die augen?
carpe diem - er hat doch 24 stunden...
(02-I-2004)
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Ronny Söhnel: dead poets society (extension II) - abschied
...der weg durch den irrgarten läßt den reisenden nicht nur schier unüberwindlichen
mauern gegenüberstehen sondern führt ihn gelegentlich zu schluchten und zu
gewaltigen wassern, die es zu überwinden gilt. der findige wanderer bedient
sich dazu den brücken, die ihm das schicksal baut, um die hindernisse zu
queren, ohne der zeit einen uneinholbaren vorsprung zu lassen. nach unzähligen
schritten, die ihn immer tiefer in den wald führten, öffnet ihm der morgennebel
den blick auf diese eine brücke, die einzig erschaffen wurde, ein ziel seiner
reise zu sein. verführerisch, gleich den sirenen, denen einst odysseus lauschte,
umgarnt ihn der abgrund. kein wachs kann ihm die ohren verschließen, kein
kamerad ihn halten auf dem weg ins weiße licht - heim zu den göttern. ist
das der weg?
(04-I-2004)
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Ronny Söhnel: dead poets society (extension III) - ruhe
...orientierungslos, erschöpft und um einen lebenshauch kämpfend liegt der reisende am ufer eines
gewaltigen flusses. ist es lethes, der fluss des vergessens, dem er da entronnen
ist? wie kam er an diesen ort? was ist sein ziel? mit letzter kraft schleppt
er sich die uferböschung hinauf und sieht, wie am blutrot glühenden horizont
helios das firmament verläßt. dämmerung, schließlich wohlig vertraute dunkelheit
umschließen den reisenden. selbst das blaue mondlicht kann ihm keinen weg
offenbaren, die vergangenheit ist vergessen. so wandert sein blick zu den
sternen, deren heimat nur das himmelszelt, nie irdische begierden sein können.
die augenlider fallen, und so findet sein geist ruhe, sein herz den frieden
- gefühle, die ihm fast schon fremd geworden sind...
(23-I-2004)
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Ronny Söhnel: märz...(die narben bleiben)
es tat nur weh,
dieser schmerz, diese ungewissheit
die mich tag für tag begleiteten,
die mir des nachts die träume nahmen.
wie keine andere hat sie mein herz zerrissen.
das leben ein leiden,
das sein nur noch qual.
sie sprach nie viel,
fürchtete nähe und scheute distanz.
ihr wesen war so verletzlich, ihre haut so zart
und ihre augen erfüllt von angst.
heute ruft sie nach mir, ich höre sie
immer wieder, diese schreie, die nie vergehen,
zwei seelen auf ewig vereint.
ich sehe ihre augen, die mich voller verzweiflung anstarren
auch jetzt noch, wenn ich sie besuche am see zwischen dem schilf,
beobachtet von der amsel, die einsam ihr lied singt.
sie schreit immernoch...
(29-I-2004)
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Hermann Hesse: September
Der Garten trauert,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
Still seinem Ende entgegen.
Golden tropft Blatt um Blatt
Nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gartentraum.
Lange noch bei den Rosen
Bleibt er steh’n, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er die
Müdgeword’nen Augen zu.
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